Wie wollen wir »Weiterwohnen«?

11. November 2021 Lesezeit: Orte
Auf diese Frage hat Andreas Müller-Dirnberger aus Vorarlberg, Mitinitiator des gemeinnützigen Vereins »Weiterwohnen - Plattform für innovative Wohnbauprojekte« gleich mehrere Antworten: Leistbar, qualitätsvoll, nachhaltig, zeitgemäß und vor allem aktiv zusammen in Gemeinschaft sollen die Menschen wohnen können. Damit sich neue Wohnformen etablieren können, müssen sich vielerorts die Rahmenbedingungen ändern. Im Interview erzählt uns Andreas, wie sich der Verein dafür einsetzt.
Weiterwohnen Gemeinnütziger Verein für innovative Wohnbauprojekte – vorgestellt bei bring-together
Gründungsmitglieder von links: Frank Stasi, Henry Ammon, Andreas Müller-Dirnberger, Matthias Fortenbacher Foto © Stiplovsek Dietmar

Interview mit Andreas Müller-Dirnberger

Kannst Du Dich bitte kurz vorstellen?

Mein Name ist Andreas Müller-Dirnberger und ich bin Obmann des gemeinnützigen Vereins „Weiterwohnen – Plattform für innovative Wohnbauprojekte“ seit der Gründung 2018.

Ich habe 2016 gemeinsam mit Personen aus meinem Bekannten- und Arbeitskreis die damalig private Initiative „Weiterwohnen“ aus mehreren Gründen ins Leben gerufen. Zum einen waren wir damals alle auf der Suche nach geeignetem Wohnraum wegen Familiengründung, Zusammenziehen mit Partner, Familienerweiterung….. und fanden alle kein entsprechend vielfältiges Angebot (v.a. Größe der Wohnungen, Gestaltung des Wohn- & Außenraumes, zentrale Lage, gemeinsam genutzte Flächen, ...). Außerdem war das vorgefundene Angebot auch für uns mit guter Ausbildung und gutem Job kaum leistbar, beziehungsweise der Preis nicht verhältnismäßig zur Qualität des Wohnraumes.

Ich habe mich während meines Studiums der Architektur schon intensiv mit dem gemeinschaftlichen Wohnbau beschäftigt. So schlug ich vor, im genannten Personenkreis eine konkrete Studie auf den Weg zu bringen und auf einem von uns als ideal angesehenen Grundstück in zentraler Lage in der Dornbirner Innenstadt, im partizipativen Prozess ein Leuchtturmprojekt zu planen und uns dann damit bei der örtlichen Stadtplanung um ein entsprechendes Grundstück zu bewerben.

Damit stießen wir auf reges Interesse und es wurde uns ideelle Unterstützung zugesagt – jedoch merkten wir schnell, dass nicht nur in der Bevölkerung sondern auch bei den Entscheidungsträger:innen in Politik und Wirtschaft noch viel Bewusstseinsbildung zu betreiben ist, bevor solche gemeinschaftlichen Wohnprojekte zahlreich in Vorarlberg umgesetzt werden können.

Deshalb gründeten wir dann 2018 den gemeinnützigen Verein „Weiterwohnen – Plattform für innovative Wohnbauprojekte“ in Österreich und sind seither in genannten Feldern ehrenamtlich tätig.

Was genau ist Weiterwohnen?

Unser gemeinnütziger und nach wie vor ehrenamtlicher Verein „Weiterwohnen – Plattform für innovative Wohnbauprojekte“ bezweckt die Initiierung sowie die Förderung von partizipativen Prozessen und innovativen Wohnprojekten.

Im Vordergrund stehen die Vernetzung handelnder Personen, Diskurs, Bildung, Forschung und Lehre zu progressiven Wohnformen und die damit zusammenhängende Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit.

Ziel ist es gemeinschaftliche sowie sozial, ökologisch und ökonomisch verantwortbare und dauerhaft gesicherte Wohnformen zu ermöglichen.

Des Weiteren soll die Entwicklung neuer Wohnkulturen gefördert und die Verbindung zwischen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Kultur gestärkt werden. Der Verein soll eine offene, niederschwellige und leicht zugängliche digitale und analoge Plattform für Bürger:innen, Entscheidungsträger:innen, Planer:innen, Gestalter:innen und Bauausführende zum Austausch und zur Vernetzung sein.

Dabei sind wir parteipolitisch unabhängig für Privatpersonen, Institutionen, Unternehmen und Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik tätig und zum Beitritt offen. Zusammen mit anderen Organisationen und Initiativen auf diesem Feld in Vorarlberg bauen wir eine regionale Interessensvertretung für progressive Wohnformen, ein Netzwerk an Professionisten und eines Wissenspools auf. Damit stoßen wir partizipative Prozesse und konkrete Wohnprojekte an.

Durch die themenbezogene Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit für progressive Wohnformen durch Organisation von Aktivitäten, Veranstaltungen und Exkursionen zeigen wir der Bevölkerung Alternativen zu den herkömmlichen Wohnformen auf.

Die Villa Fleisch in Dornbirn Vorarlberg – ein Projekt der ARSP Architekten – vorgestellt bei bring-together
Die Villa Fleisch in Dornbirn (Vorarlberg) – ein Projekt der ARSP Architekten. © Stiplovsek Dietmar

Wer ist Eure Zielgruppe? Welche Hilfestellungen bietet Ihr an?

Wie oben schon kurz erwähnt sind unsere Zielgruppen sowohl Bürger:innen, im Aufbau befindliche und bereits bestehende Baugemeinschaften, als auch Entscheidungsträger:innen in Politik, Wirtschaft und Kultur sowie Planer:innen, Gestalter:innen und Bauausführende.

Wir bieten uns und unsere Tätigkeiten zum einen als analoge und digitale Plattform für Veranstaltungen zur Bewusstseinsbildung und zum Wissensaustausch an, zum anderen sind wir als im Aufbau befindliche Interessensvertretung eben die nötige Schnittstelle in der Vernetzungs- und Netzwerkarbeit oben genannter Akteur:innen.

Was sind die 5 essentiellen Merkmale, die den Verein ausmachen? Was sind Eure Handlungsziele?

1. Durch unsere langjährige intensive Tätigkeit auf dem Feld des innovativen Wohnens (vor der Gründung unseres gemeinnützigen Vereins waren wir bereits über 2 Jahre als private Initiative tätig) sind wir außerordentlich gut mit den tätigen Initiativen, Organisationen und Baugemeinschaften vernetzt.

2. Durch unsere hauptberufliche Tätigkeit als Architekten (eine große Zahl der Vorstandsmitglieder und Mitglieder im Verein sind Architekten) sowie zahlreicher Professionisten aus verwandten Branchen haben wir auch ein sehr starkes Netzwerk zu der Politik, der Wirtschaft und der Kunst- und Kulturszene

3. Durch die zwei oben genannten Punkte haben wir nicht nur im Netzwerk sondern auch in der Gemeinde- und Landespolitik eine Stellung erreicht, die Beachtung findet

4. Aufgrund der hauptberuflichen Tätigkeiten unserer Mitglieder konnten wir bereits eine Handvoll Studien zu konkreten Baugemeinschaftsprojekten und partizipativen Prozessen anstoßen, die auch in der Gemeinde- und Landespolitik Berücksichtigung gefunden haben

5. Wir sind parteipolitisch unabhängig, objektiv und offen für alle Akteur:innen und kooperieren mit sämtlichen auf dem Feld des innovativen Leben und Wohnens tätigen Organisationen und Initiativen

Oberstes Ziel mit all unseren Tätigkeiten ist es gemeinschaftliche sowie sozial, ökologisch und ökonomisch verantwortbare und dauerhaft gesicherte Wohnformen zu ermöglichen.

Wer kann bei Euch mitmachen und was sind die Spielregeln?

Jede und jeder Interessierte an oben genannten Handlungszielen – sowohl als Privatperson als auch als Institution oder Unternehmen – kann uns in unseren Tätigkeiten unterstützen. Egal ob als ordentliches/förderndes Mitglied im Verein oder generell als ideelle Unterstützende Person – jede Form von Engagement ist bei uns herzlich willkommen und hilft uns, gemeinsam mit den anderen Akteur:innen die gesteckten Ziele zu erreichen.

Was ist Deine bzw. Eure Motivation innovative Wohnprojekte bzw. Gemeinschaftsprojekte auf den Weg zu bringen?

Zum einen sind wir davon überzeugt, dass es deutlich mehr Vielfalt und Selbstbestimmung auf dem Wohnungsmarkt benötigt (nicht nur in Vorarlberg, sondern generell). Denn Wohnen ist schließlich ein Grundbedürfnis, das sehr stark zur Lebensqualität beiträgt. Zum anderen interessiert uns dieses Themengebiet persönlich auch sehr stark – deshalb möchten wir all unsere dafür zur Verfügung stehenden Mittel (dazu gehört auch unsere berufliche Ausbildung) einsetzen, um einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten zu können.

Veranstaltungen gemeinnnütziger Verein Weiterwohnen für innovative Wohnbauprojekte – vorgestellt bei bring-together
Analoge Veranstaltung des Vereins © Weiterwohnen

Was möchtest Du anderen auf den Weg geben?

Traut euch, seid mutig, engagiert euch, leistet euren Beitrag (sei er auch noch so klein)... Wenn euch das Thema des gemeinschaftlichen und innovativen Wohnens wichtig ist, tretet dafür ein. Wenn es bereits eine lokale/regionale Organisation dafür in eurer Umgebung gibt, schließt euch den handelnden Akteur:innen an. Und sonst scheut euch nicht, eine eigene Organisation zu gründen und etwas zu bewegen – wir haben auch einmal klein mit nur ein paar Ideen in unseren Köpfen begonnen ;).

Was wünscht Du Dir für die Zukunft?

Natürlich habe ich sehr breit gestreute Wünsche für unsere Gesellschaft – jedoch möchte ich mich hier lediglich auf unser Themengebiet/Tätigkeitsfeld beziehen.

Gemeinsam mit anderen auf dem Feld des gemeinschaftlichen Lebens und Wohnens tätigen Organisationen in Vorarlberg und darüber hinaus bauen wir gerade eine Interessensvertretung und Kompetenzzentrum für die Bodenseeregion auf. Ich wünsche mir, dass dies bereits in naher Zukunft Realität wird. Denn bis dato sind wir und die anderen Organisationen nach wie vor ehrenamtlich tätig und stoßen deshalb bezüglich personeller und materieller Ressourcen immer wieder an unsere Grenzen. Doch der stetige Aufwind und der Rückhalt aus der Bevölkerung und immer mehr auch durch die Politik gibt uns Energie, unsere Vorhaben in die Tat umzusetzen und einen noch größeren Beitrag für unsere Region und die Gesellschaft leisten zu können.

Was sind die bisherigen Erfahrungen mit bring-together?

Wir verfolgen die Tätigkeiten von bring-together schon eine ganze Weile und wir haben diese Plattform stets als höchst innovativ und professionell wahrgenommen. Seien es die Veranstaltungen, die zahlreichen Ratgeber aber auch die Vernetzung der Interessent:innen und Baugemeinschaftsprojekte – dies ist ein extrem wertvoller Beitrag im Sinne der Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für gemeinschaftliche Wohnformen und die Vielfalt am Wohnungsmarkt.

Wir sehen euch als länderübergreifendes Bindeglied zwischen all den lokalen und regionalen Initiativen und eine sehr gute Möglichkeit, sich einem breiteren Publikum präsentieren zu können.

Vielen Dank für eure Mühen und auf weiterhin sehr gute Zusammenarbeit :-)

 

Erstellt von Karin Demming | Linkedin folgen

Andreas Müller-Dirnberger Obmann von Weiterwohnen – vorgestellt bei bring-together
Andreas Müller-Dirnberger © Weiterwohnen
Weiterewohnen – vorgestellt bei bring-together
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