Vom Klassenzimmer im Plattenbau zum Wohnzimmer im Mehrgenerationenhaus Uebigau

22. August 2023 Lesezeit: Wohnformen
Mandy Fuhrmann stellt das Wohnprojekt Uebigau vor. Der Plattenbau ist eine ehemalige Schule, dort durfte sie lesen und schreiben lernen. Seit vielen Jahren steht das Gebäude leer und wird nun zu einem Mehrgenerationenhaus umgebaut. Wie aus einem Klassenzimmer ein Wohnzimmer werden kann und wie du mitmachen kannst, erzählt Mandy in diesem Interview. [inkl. Video]
bring-together stellt das Wohnprojekt Uebigau mit Mehrgenerationenhaus im Plattenbau in Brandenburg vor
© WOHNprojekt Uebigau. Mehrgenerationenhaus im Plattenbau in Brandenburg

Mary-Anne Kockel: Ich habe heute Mandy Fuhrmann zu Gast. Sie ist Vorstand vom Anders Zusammen Leben e.V. in Uebigau. Mandy hat einen Plattenbau mitgebracht und sagt uns, was man damit machen kann.

Mandy Fuhrmann: Ich bin Mandy Fuhrmann sitze gerade in Nürnberg in Bayern, aber stamme aus dem Landkreis Elbe-Elster und Uebigau in Brandenburg. Warum interessiert mich das mit dem Plattenbau in Uebigau. Auf der einen Seite arbeite ich seit 9 Jahren als Vorstand im Wohnprojekt andersWOHNEN eG in Nürnberg für Senioren und Alleinerziehende. Das hat mich inspiriert, das Gleiche in meiner Heimat zu machen. Der Plattenbau ist eine ehemalige Schule, dort durfte ich lesen und schreiben lernen. Sie steht seit vielen Jahren leer und daraus ist die Idee entstanden, ein Generationswohnhaus zu machen. Vom Klassenzimmer zum Wohnzimmer.



Mary-Anne: Wie kann ich mir das Leben vor Ort vorstellen? Kannst du dazu was Genaueres sagen?

Mandy: Es soll für jede Generation sein: von jung bis alt, vom Baby bis zum Senioren. Wir haben geplant, dass wir verschiebende Zimmer oder Wohnungsgrößen anbieten. Geplant von 30 qm bis 95 qm. Es ist ein ehemaliges Schulgelände, das heißt, wir haben ganz viel Platz, was den Schulhof und Freiflächen betrifft. Das Besondere ist, dass es ein Gemeinschaftshaus wird. Es soll die Nachbarschaftshilfe angesprochen werden und damit nachbarschaftlich Wohnen fördern. Auch Ältere sollen unterstützt werden, ebenso wie Familien und alleinerziehende Familien. So, dass man zusammen etwas machen und gegenseitig Projekte gestalten kann. Auf diese Weise soll das Zusammenleben zusammengeführt werden.



Mary-Anne: Hast du Hilfe von außerhalb bekommen? Stemmst du das Projekt allein oder der Verein? Wie funktioniert das?

Mandy: Unser Verein hat sich 2020 zusammengeschlossen. Ich selbst hatte 2018 die Idee dazu. Dann bin ich zur Stadt gegangen und habe diese Idee vorgestellt. Das Projekt ist für sie auch was Neues und die Stadt hat nur gesagt: Ja Mandy, dann mach mal, denn du hast die Kontakte aus Nürnberg schon und probiere einfach, ob es in Brandenburg auch was werden könnte. Und so bin ich zu verschiedenen Stiftungen und Instituten gegangen, habe mit Netzwerkpartnern gesprochen, ob man sowas in Brandenburg aufziehen könnte. Ja, letztendlich ist es bis zum Bundesfamilienministerium gegangen und hat so auch die Runde in Uebigau gemacht. Ich habe dann dort den Verein gegründet, mit ehemaligen Hortnerinnen oder Menschen vom Seniorenamt. Sogar die Bürgermeisterin ist mit im Boot, weil sie alle wollen, dass dort in der alten Plattenbauten-Schule etwas passiert.



Mary-Anne: Wie ist es dann, wenn das Projekt fertig ist? Geht es dann die Bewohnerinnen über oder bleibt es beim Verein?

Mandy: Geplant ist jetzt, dass der Verein das Grundstück mit Gebäude kauft. Dies ist so mit der Stadtverwaltung abgesprochen. Und parallel dazu wird eine Bürgergenossenschaft oder Wohnungsgenossenschaft entstehen, um mit den Menschen zusammen das Projekt aufzuziehen. So hat jede die Möglichkeit, im Mehrgenerationenhaus mitzumachen.



Mary-Anne: Könntest du kurz erklären, was eine Bürgergenossenschaft ist?

Mandy: Eine Genossenschaft sind Menschen, die sich zusammentun, um ein Projekt aufzuziehen. Und so ist es auch bei einem Generationenwohnhaus. Es bildet sich eine Gruppe, die das Haus bauen möchte und dort als Hausgemeinschaft wohnt. Ähnlich wie beim Eigenheim braucht man Eigenkapital. Das zahlen die zukünftigen Bewohnerinnen in die Genossenschaft ein und dann kann gebaut werden. Die Miete in einer Genossenschaft ist relativ klein, weil ein Großteil vom Eigenkapital kommt. Dies nennt man Wohnanteile. Und diese Wohnanteile bekommen die Menschen, die ausziehen, zu 100% wieder zurück, sogar die Erben. Also eine gesicherte und unkündbare Wohneinheit. Es heißt auch nicht Mietvertrag, sondern Dauernutzungsvertrag.



Mary-Anne: Wenn ich mitmachen möchte, erwerbe ich also Genossenschaftsanteile, zahle jährlich Mitgliedsbeiträge in die Genossenschaft und dazu noch die monatliche Miete für die Instandhaltung?

Mandy: Nein, die Wohnungsanteile sind einmalig zu zahlen. Das Konstrukt sieht so aus: Jede Partei zahlt einmalig die Mitgliedschaft, ähnlich wie eine Kaution. Und dann gibt es noch die Wohnanteile, was 10% der Baukosten sind. Der Preis hängt immer von der Größe der Wohnung ab. Bei uns sind geplant von 8000€ bis 25.000€. Und diese Summe wird einmalig bei Einzug gezahlt. Und die Mitgliedschaft und Wohnanteile gehen bei Auszug, wenn gekündigt wird, 1:1 wieder zurück. Plus vielleicht eine Dividende, wenn gut gewirtschaftet wird.



Mary-Anne: Jetzt muss ich nochmals nachfragen: Ich zahle also gar keine Miete mehr oder nur die Nebenkosten?

Mandy: Doch Miete schon, aber nicht so, wie auf dem freien Markt. Einmal haben wir sozial geförderte Wohnungen und einmal frei finanzierte Wohnungen, was vom Land vorgegeben wird. Aber zumindest kann ich sagen, günstigere Mieten. Wir liegen bei ca. 6€ kalt im Vergleich zum normalen Neubau in Brandenburg mit 10€ kalt.



Mary-Anne: Das ist ein erheblicher Unterschied. Habt ihr schon Menschen, die in das Projekt in Uebigau einziehen wollen?

Mandy: Durch den Anders Zusammen Leben e.V., den wir gegründet haben, sind schon Menschen dabei, die einziehen wollen. Wir haben bundesweite Anfragen. Aktuell sind es drei Personen, einschließlich mir als Rückkehrerin. Wir haben jeden Tag neue Anfragen und suchen auch noch Menschen, die mitmachen wollen.



Mary-Anne: Das wollte ich gerade fragen. Sucht ihr noch Menschen, die mitmachen?

Mandy: Ja, gerne. Gerade das Leben im ländlichen Raum zieht die Menschen aus den Großstädten zu uns. Hier wird ihnen alles geboten, auch in Uebigau. Es gibt Wirtschaftsbetriebe, die Arbeitskräfte suchen. Wir haben 3 km weiter in Falkenberg-Elster eine gute Zuganbindung, mit der man in einer Stunde in Berlin, Leipzig oder Dresden ist. Das ist ein großer Vorteil. Wir haben Lebensmittelgeschäfte und auch Ärzteversorgung.



Mary-Anne: Habt in der nächsten Zeit einen Tag der offenen Tür, an dem Interessierte euch besuchen können?

Mandy: Wir planen für den 16. September 2023 ein Familien- und Bürgerfest zusammen mit den Glückskindern in Uebigau. Dort wird wieder ein großer Flohmarkt auf dem Schulhof sein. Wir werden das Schulgebäude offen haben. Wer noch Schulmaterial braucht: Wir haben viele Fachräume, die noch gut ausgestattet sind. Jede darf sich da was mitnehmen. Wir zeigen dort, wie aus dem ehemaligen Chemieraum eine schöne 4-Zimmer-Wohnung werden kann. Also du kannst am 16. September 2023 ab 13 Uhr zu uns kommen. Wir sind da.

Mehr lesen: Fakten über Wohnprojekte | Bürgerbefragung zum gemeinschaftlichen Wohnen | 2000-Watt-Gesellschaft | Von der Plattenbausiedlung zum Ökodorf

 

Erstellt von Mary-Anne Kockel | Linkedin folgen

 

Über das gemeinsame Wohnen im Plattenbau

Schau dir das vollständige Interview mit Mandy an. Den Link zum WOHNprojekt Uebigau findest du direkt unter dem Artikel.

Eine ausführliche Beschreibung zum Anders Zusammen Leben e.V. und Wohnungsbeispiele findest du auf der Webseite.

Auf bring-together, der Matching-Plattform für gemeinsames Wohnen, kannst du weitere Wohnprojekte in Plattenbauten finden.

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